STERBERAUM
2. Juni - 31. Oktober. 2012
Künstler: Gregor Schneider
Kuratorin: Constanze Kleiner
Das Kunstwerk STERBERAUM des deutschen Bildhauers Gregor Schneider sorgte vor vier Jahren für viel Furore – nicht nur im Feuilleton. Dabei hatte es nie jemand gesehen. Erst vor einem halben Jahr konnte der Künstler den Stein des Anstoßes wirklich bauen. Und zwar im Kunstraum Innsbruck mit Veit Loers als Kurator. Es wurde ein magischer, stiller Raum. Die davon entstandenen Bilder hat der Künstler mit TOTER RAUM benannt. Nun wird der STERBERAUM zum zweiten Mal gezeigt, im Nationalmuseum Stettin, im Rahmen des seit acht Jahren stattfindenden Festivals for Visual Art der Stettiner „13 Musen“ im Kontext ihres diesjährigen Themas „Apokalypse“. Es ist eine spontane Ausstellung geworden, aber alle Beteiligten hatten im Vorfeld das Gefühl, dass es ihn, den STERBERAUM, und ihn, Gregor Schneider, hier in Stettin unbedingt geben muss. Vielleicht, weil „Der Tod die beste Erfindung des Lebens ist, weil sie Platz für Neues schafft“ ? (Steve Jobs, Visionär und Fanatiker in Sachen Gestaltung, Gefälligkeit und Lust – kein Künstler – kurz vor seinem eigenen Tod.) Vielleicht, weil hier, in Polen, mitten im Herzen des Alten Europa, momentan so überraschend viel Aufbruchstimmung herrscht?
„Kunst hat für mich einen zutiefst im positiven Sinne humanen Anspruch. Sterben kann auch Kunst sein. Im Grunde ist ein Sterberaum ein persönlicher Gestaltungsauftrag für den Raum und die Umgebung, in der wir sterben, uns auflösen, um dann Tod zu sein. Eine Gestaltungsaufgabe, die jedem Menschen bevorsteht.“ (Gregor Schneider in einem Interview in Paris im Februar 2008.) Im Interview mit Heinz-Norbert Jocks (Kunstforum International 2008) beschreibt er ausführlich das Aussehen des gebauten Kunstraums und sagt u.a.: „Der Kunstraum kann die nötige Würde schaffen, um das Sterben und den Tod auch öffentlich sichtbar zu machen.“ Kann ein Kunstraum das wirklich? Haben wir alle – jeder für sich – wirklich diesen Gestaltungsauftrag? Jeder kann es für sich herausfinden, der sich in diesem Sommer ins Nationalmuseum in Stettin begibt. Es ist eine gute Gelegenheit.
Gregor Schneider, 1969 in Rheydt (jetzt Mönchengladbach) geboren, ist durch sein „Totes Haus u r“ bekannt geworden, ein gründerzeitliches Reihenhaus, in dem Schneider seit 1985 bis heute alptraumhafte Raumfolgen schafft, die zunächst in verschiedenen Museen zu sehen waren und dann in den Deutschen Pavillon der 49. Biennale von Venedig (2001) übernommen wurden. Gregor Schneider erhielt für sein „Totes Haus u r“ den „Goldenen Löwen“ der Biennale Venedig. 2003 reiste das „Tote Haus u r“ ins Museum of Contemporary Art in Los Angeles. Seitdem hat Schneider international zahlreiche Projekte verwirklicht, so die Zwillingshäuser „Die Familie Schneider“ 2004 in London, den für den Markusplatz in Venedig geplanten „Cube Venice“ 2005, eine Replik der Kaaba in Mekka, die an der Kunsthalle Hamburg mit „Cube Hamburg“ 2007 verwirklicht wurde, den Hochsicherheitstrakt „Weiße Folter“ 2007 im K21 der Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, die „Beach Cells“ 2007 am Bondi-Beach bei Sydney, „END“ 2008 vor dem Museum Abteiberg Mönchengladbach und kürzlich „it’s all Rheydt“ für das Durga Puja Festival in Kolkata, bei dem Schneider sich von Teilen des „Toten Haus u r“ im Ganges verabschiedete. Nachdem der „Sterberaum“ im Kunsthaus Innsbruck zum Jahreswechsel 2011 das erste Mal ausgestellt war, wird er ab Juni 2012 im Nationalmuseum Stettin gezeigt. Parallel zum „Sterberaum“ im Nationalmuseum Stettin ist nun in Berlin auch das Schlafzimmer aus dem „Toten Haus u r“ in der Sammlungspräsentation Staatliche Museen zu Berlin/Nationalgalerie/Sammlung Haubrok im Hamburger Bahnhof zu sehen, sowie in Sydney der Keller des „Toten Haus u r“ in der John Kaldor Family Collection in der Art Gallery of New South Wales. Eine Dokumentation der Ausstellung erscheint bis Jahresende als Katalog.